Ein Verzeichnis aus dem Freikauf vom Fruchtzehnten im Jahre 1840 zeigt, dass es 300 Jahre später immer noch 23 Bauernhöfe gab. Die Größe der Höfe war sehr unterschiedlich. Eine Vollbauerstelle umfasste in der Regel 2 „Hufe“. Eine Hufe war der Anteil Landes, der eine Bauernfamilie samt kleinem Gesinde ernähren konnte und entsprach 60 Morgen. Die Arster und die Ahlker Bauerschaft, in denen sich die 13 Arster und 10 Ahlker Bauern zusammenschlossen, existieren noch heute, wenn auch viele Höfe inzwischen verschwunden sind.
Ein Beispiel dafür ist der Willershof – eine der letzten Hofstellen, auf der heute noch Landwirtschaft in Arsten betrieben wird. Der Name des Hofes an der Arster Heerstraße stammt von Windeler Lampe, dessen Familie von 1535 bis 1733 Besitzer war. Da auch zwei andere Bauern in Arsten Lampe hießen, wurden die Rufnamen zu Hofnamen – aus „Windeler“ wurde im Laufe der Zeit „Willers“. Später übernahm Diedrich Bätjer den Hof und ließ 1799 eines der schönsten Bauernhäuser errichten, das es in Arsten und Umgebung gegeben hat.
Prof. E. Grohne beschrieb es 1954 unter dem Titel „Denkmal ländlich-handwerklicher Baukunst“: „Das Willershaus war gekennzeichnet durch seine imponierenden Ausmaße, ein kraftvolles, trotz seines hundertfünfzigjährigen Alters, noch immer kerngesundes Eichenholzfachwerk, sein mächtiges Reithdach und die liebevolle Ausschmückung sowohl innen als auch außen. Auf der Groten-Dör-Seite befand sich im Hausbalken ein Schriftband, das von zwölf geschnitzten Zierkartuschen in Form barocker Rankenmotive umgeben war. Die Hausbeschriftung, zugleich Urkunde und Schmuck, offenbarte die Geschichte dieses Hauses und die Frömmigkeit des damaligen Bauherrn. …Betrat man die geräumige Viehdiele, so wurde der Blick zur Linken gefesselt durch ähnlich kunstvolle Flachschnitzereien, mit denen die Pfosten und Gewände der Pferdeställe verziert waren. Auch die Türen, die vom Flett zur Dönz und zu den Kammern führten, waren mit ländlich abgewandelten Rokokomotiven geschmückt.“ Leider ist das Haus an einem der letzten Kriegstage im April 1945 in Flammen aufgegangen.
Zu den größten Höfen in Arsten gehörte der Lahrshof mit 168 Morgen, der sich seit 400 Jahren im Familienbesitz befindet. Damit hatte der Hofinhaber auch eine herausragende Stellung im Dorf. Johann Lahrs war von 1882 bis 1917 Gemeindevorsteher in Arsten. Der ehemalige Bremer Bürgermeister Theodor Spitta schreibt über ihn: “Der Gemeindevorsteher Lahrs war…eine besondere Persönlichkeit, wie sie mir sonst selten begegnet ist, urwüchsig in Wesen und Sprache, etwas ungehobelt und derb, aber durch und durch gerade, offen und wahr, in seinen Ansichten fest und klar, im sittlichen Urteil unerschütterlich.“
Die Mägde und Knechte übernahmen die Arbeiten auf dem Hof und wohnten auch hier. Ihre Schlafräume befanden sich im Dielenbereich, oft über den Ställen. Wenn die Mädchen die Schule beendet hatten, gingen viele von ihnen zum Bauern. Die Bauern sprachen die Familien an, vorwiegend die aus den eigenen Häuslingshäusern. Die Eltern sagten zu und so kam ein mündlicher Arbeitsvertrag zustande. Dafür zahlte der Bauer 3 Mark Handgeld an die Familie.
Als sogenannte „kleine Magd“ mussten die Mädchen vor allem im Hause helfen und die Kinder beaufsichtigen. „Um 5 Uhr morgens mussten wir hoch. Zuerst habe ich Feuer gemacht, damit ich Kaffee kochen konnte. Wenn das fertig war, fuhren wir mit dem Pferd und Wagen zum Melken – der Knecht, die Großmagd und ich. Die Milch musste pünktlich um 7 Uhr an der Straße stehen…dann kam der Milchwagen und fuhr die Milch zur Molkerei“, erinnerte sich Mariechen Deichert, die im April 1921 auf den Willershof kam.
Viele Bauernfamilien aßen und tranken nicht zusammen mit ihren „Hilfen“. Saß der Bauer im Winter in der warmen Stube, so durften sich die „Deerns“ und „Jungs“ in der Küche aufhalten. Die Küche war nicht immer gemütlich, deshalb gingen sie häufig zu ihren Familien nach Hause. Zum Schlafen kamen sie auf den Hof zurück, denn dafür war kein Platz im Hause der kinderreichen Häuslingsfamilien.
Zur Erntezeit wurden besonders viele Arbeitskräfte benötigt, dann mussten die Häuslinge bereitstehen zum „Helfen“.
Der Arbeitslohn wurde mit der Miete für die Häuslingshäuser verrechnet. Die Männer waren gezwungen 14 Tage zu Hause zu bleiben, wenn das Korn mit der Sense gemäht werden musste.
Wilhelm Runge schreibt: „Wenn der Bauer mit Wagen zum Felde fuhr und seine Leute mitnehmen wollte, hielt er kurz vor der Straße und klappte ein paar Mal mit der Peitsche, um seine Frauen herbeizurufen. Die, die das Glück hatten, ihre Mutter im Hause zu haben, konnten beruhigt hingehen und auf den Wagen steigen. Aber die mit ihren kleinen Kindern hatten hier und da noch etwas zu erledigen, konnten dann den Wagen nicht mehr erreichen und liefen dann quer durch die Feldmark oft bis fast zum Kattenturm, um rechtzeitig hinzukommen. Und dann die Angst – was wird mit den Kindern. Ab und an sahen freundliche Nachbarn mal nach dem Rechten, das war aber auch alles. Als Häuslinge durften sie doch ihren Bauern nicht erzürnen – wenn sie nicht pünktlich helfen konnten, waren sie keine geeigneten Mitarbeiter und verloren bei nächster Gelegenheit die Wohnung. Und dann wohin? Oftmals brachten die größeren Kinder die Säuglinge zur Feldarbeit, damit die Mütter ihre Kinder zwischendurch stillen konnten.
Wenn das Korn geschnitten wurde, die Männer also nicht zur Arbeit gingen, musste jede Frau hinter ihrem mähenden Mann ausnehmen und binden. Der Bauer nahm dann einen Demijohn Schnaps mit aufs Feld für die Schnitter. Diese, angeregt durch den Schnaps, animierten sich dann gegenseitig, wer wohl am schnellsten und saubersten mähen könnte – die oft hochschwangeren Frauen waren dann wieder die Leidtragenden dabei – sie konnten in der Reihe nicht mitkommen und wurden dann auch manchmal noch von den anderen gehänselt.“
Das Verhältnis zwischen Bauern und Häuslingen war daher angespannt. Ziel vieler „Lütt Lüer“, wie sie auch genannt wurden, war es daher, sich aus dieser Abhängigkeit zu befreien.